Der Lagerbestand bei den Lieferanten der Schreinerbranche nimmt ab. (Bild Shutterstock)
Schreinereien kämpfen derzeit mit Lieferengpässen und Preiserhöhungen bei Materialien wie Holz, Holzwerkstoffen und Zubehörteilen. Jetzt spitzt sich die Lage zu, denn die Auftragsbücher sind voll, die Termine mehrheitlich fixiert und keine Verbesserung der Lage in Sicht.
Mit grossem Respekt blickte die Baubranche vor Jahresfrist nach Bundesbern, wo im Rahmen des Corona-Lockdowns die Schliessung der Baustellen drohte. Diese Skepsis widerspiegelt sich auch in der VSSM-Mitgliederstatistik 2019, in der fast 70 Prozent der Unternehmer die Entwicklung der Marktlage mit schleppend bis rückläufig einschätzte. Doch bekanntlich kam es anders. Ein Grossteil der Schreinereibetriebe war und ist gut ausgelastet. Die Auftragsbücher sind bis heute mehrheitlich voll.
Hohe Nachfrage, hohe Preise
Die erfreuliche Auftragslage wird seit wenigen Monaten getrübt durch Lieferengpässe und hohen Preisen. Besonders betroffen ist der Markt von Holz und Holzwerkstoffen, worauf europaweit ein riesiger Bedarf besteht. Dazu kommt die hohe Nachfrage zu überhöhten Preisen aus den USA, was einen starken Exportanstieg aus Europa nach Übersee bewirkt. Nicht unwesentlich ist auch Tatsache, dass China derzeit ein immenses Wirtschaftswachstum verzeichnet. All diese Faktoren haben zur Folge, dass in Europa und in der Schweiz Rohstoffe fehlen und die Preise stark ansteigen.
Auch andere Rohstoffe betroffen
Betroffen ist aber längst nicht nur die Holzmarktlage. Auch die Preise für chemische Stoffe wie Klebstoffe, Binde- und Lösungsmittel sowie Kunststoffe sind in den letzten Monaten stark gestiegen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Corona-bedingt hatten verschiedenste Werke ihre Produktion im Jahr 2020 komplett heruntergefahren und den Lagerbestand reduziert. Das begrenzte Angebot, die hohe Nachfrage und die steigenden Transportkosten dieser Stoffe führen zu starken Preiserhöhungen und verteuern Holzwerkstoffe wie OSB-, Sperrholz-, Span- und MDF-Platten zusätzlich.
Lieferfristen bis zu 14 Wochen
Die nun herrschende Unsicherheit bringt den Nebeneffekt mit sich, dass allseitig versucht wird, die Lager zu füllen, was für eine weitere Verknappung und somit auch zu Lieferverzögerungen führt. Die Lieferanten der Schreiner versichern, dass sie um die rechtzeitige Beschaffung der Materialien kämpfen und um marktgerechte Preise bemüht sind. Trotzdem sind die Auswirkungen sind drastisch: Derzeit sind Lieferzeiten von 10 bis 14 Wochen an der Tagesordnung. Bei den Beschaffungspreisen muss mit einer Erhöhung von bis 60 Prozent und mehr sowie mit kurzfristigen Preisschwankungen gerechnet werden.
Kaum Hilfe aus dem Schweizer Wald
Die Nachfrage nach Schnittholz und verarbeiteten Holzprodukten hat international zu einer unerwartet hohen Nachfrage geführt und resultierte in Lieferengpässen beim Rohstoff Holz. Dies hat auch bei verschiedenen Marktteilnehmern in der Schweiz den Ruf nach Schweizer Holz laut werden lassen. Eine kurzfristige Reaktion auf diese Forderung gestaltet sich jedoch äusserst schwierig. «Die Holzschlagsaison dauert im grössten Teil des Wirtschaftswaldes, hauptsächlich im Mittelland, von September bis Ende April. Somit sind die Liefermöglichkeiten für Schweizer Frischholz praktisch zu Ende», erklärt Florian Landolt, Leiter Kommunikation und Politik von Wald Schweiz. «Zudem sind trotz der angespannten Lage die Preise für Rundholz tief geblieben und es erfolgte nur eine punktuelle Anpassung an die steigende Nachfrage. Eine markante Erhöhung ist für diese Saison nicht zu erwarten.» Der Verband der Waldeigentümer weist in diesem Zusammenhang auf den Umstand hin, dass die kostendeckende Holzproduktion für Waldbesitzer und Forstbetriebe zunehmend schwieriger wird.
Swiss Krono stösst an Grenzen
Auch Swiss Krono, die einzige Herstellerin und Veredlerin von Holzwerkstoffen in der Schweiz, spürt die steigende Nachfrage aus dem In- und Ausland. Standortleiter Roger Braun betont, dass die Anlagen in Menznau LU auf Hochtouren laufen. «Wir produzieren derzeit im 24-Stunden-Rhythmus – und dies sieben Tage die Woche. Die Produktionsstrassen sind voll ausgelastet.» Roger Braun ergänzt: «Im ersten Viertel dieses Jahr konnten wir die Belieferung des Schweizer Marktes zwar um 10 Prozent steigern. Jedoch kommen auch wir nicht um Preiserhöhungen herum.» Die Gründe liegen auf der Hand: Die horrend steigenden Kosten für die chemischen Produkte wie etwa Klebstoffe oder Bindemittel zur Herstellung der Holzwerkstoffplatten sowie die Rohstoffe zur Beschichtung der Platten.
Auch der Beschlägemarkt ist betroffen
Ein weiterer Beweis für die Auswirkungen der weltweiten Produktionsengpässe liefert auch der Beschlägemarkt. «Tatsächlich kämpfen auch wir mit verzögerten Lieferungen in einigen Produktsortimenten», berichtet Hugo Gähwiler, Marketingverantwortlicher bei Opo Oeschger AG. Dazu komme die Preissteigerung bei den Rohmaterialien, was auch beim Beschlägehandelsunternehmen mit Hauptsitz in Kloten ZH zu minimen Anpassungen der Preise führe. «Aber wir versuchen, die Engpässe möglichst gut zu überbrücken. Dabei hilft uns unser grosses Lager und die gute Logistikorganisation», erklärt Hugo Gähwiler.
Keine Besserung in Sicht
Der Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten VSSM zeigt sich besorgt über die Marktentwicklung und versucht, Architekten, Generalunternehmer, Auftraggeber der öffentlichen Hand sowie Privatkunden für die Situation zu sensibilisieren, in der sich die Schreinerbetriebe befinden. Ebenso versorgt der Branchenverband seine Mitgliedsfirmen mit Informationen, wie sie mit den aktuellen Herausforderungen umgehen können, um trotz Lieferverzug und hohen Preisen Aufträge anzunehmen und rentabel auszuführen. Es muss davon ausgegangen werden, dass diese Situation die ganze Branche länger beschäftigen und bis weit in die zweite Jahreshälfte andauern wird.