GAV: Es ist fünf vor zwölf

Die Entscheidung naht: Steht der Schreinerbranche ein vertragsloser Zustand bevor? Bild: Shutterstock

Die Arbeitgeber wollen den neuen Gesamtarbeitsvertrag und sagen Ja. Die Gewerkschaften koppeln den GAV-Entscheid an das Vorruhestandsmodell und drohen mit einem vertragslosen Zustand.

Die Situation rund um den neuen Gesamtarbeitsvertrag Schreinergewerbe (GAV) spitzt sich weiter zu. Vor rund drei Wochen hat die überwiegende Mehrheit der VSSM-Dele­gierten den neuen GAV 2022–2025, der von den Vertragsparteien Unia, Syna und VSSM ausgehandelt worden war, auf schriftlichem Weg gutgeheissen (zum Bericht). Der ebenfalls zur Abstimmung gelangte Vorschlag für ein Vorruhestandsmodell (VRM) wurde mit deutlichem Mehr abgelehnt. Die Arbeitgeberseite hatte also mit einem kräftigen Zeichen ­vorgelegt.

Gewerkschaften fordern das Paket 

Nun hat am Wochenende auch die Branchenkonferenz der Gewerkschaften getagt. Die Vertreter von Unia und Syna halten, wie vorgängig kommuniziert, daran fest, dem Gesamtarbeitsvertrag und dem Vor­ruhestandsmodell nur als Paket zuzustimmen. Sie bieten gemäss Informationen auf der Unia-Website ihre Dialogbereitschaft und den Willen an, die Branche mit einem fairen VRM und einem griffigen GAV als Paket in die Zukunft zu führen. Und die Gewerkschaften drohen gleichzeitig auf ihrer Website: «Ohne Zustimmung der Schreinermeister gibt es Anfang Jahr 2021 keinen gültigen Vertrag mehr.»
Die Verhandlungsdelegation und somit auch der VSSM-Zentralverband hält sich an die Abstimmungsresultate der 150 Delegierten: «Unsere Basis hat sich klar für den neuen GAV ausgesprochen», erklärt VSSM-Zentralpräsident Thomas Iten. «Ebenso deutlich haben unsere Delegierten signalisiert, dass die Zeit für ein Vorruhestandsmodell, wie es ausgearbeitet und vorgelegt wurde, in unserer Branche nicht reif ist.» 

Gibt es einen Übergangs-GAV?

So oder so: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, denn vorsorglich hatten die drei Vertragspartner beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) einen Übergangs-GAV für 2021 beantragt. Ziehen die Gewerkschaften diese Woche den Antrag für die Übergangslösung nicht zurück, kann der vertragslose Zustand abgewendet werden. Bestehen Unia und Syna auf einen Rückzug des Gesuchs, herrscht per 1. Januar 2021 der vertragslose Zustand. «Dies hätte nur Verlierer zur Folge, die Leidtragenden wären die Mitarbeitenden unserer Betriebe», betont Thomas Iten.   PATRIK ETTLIN

www.vssm.ch

www.syna.ch

www.unia.ch